Beschreibung
1938 erstellte der Philosoph Étienne Souriau ein Inventar der verschiedenen Existenzweisen, die die Welt bevölkern. Eine Klasse von Seinsformen zog dabei seine besondere Aufmerksamkeit auf sich: die virtuellen Wesen. Es handelt sich dabei um all jene Potentiale, die die Existenzen begleiten: als zusätzliche Dimensionen ihrer selbst, als das, was sie sein könnten, wenn… Das Problem ist, dass es ihnen an Realität mangelt, als ob es in der realen Welt keinen Platz für sie gäbe.
Wer ihnen zu einer stärkeren Existenz verhelfen und ihnen ›mehr‹ Realität verschaffen will, ist nicht nur ein Schöpfer, sondern auch ein Anwalt. Er kämpft für ihr ›Recht‹, mehr zu existieren, einen rechtmäßigen Platz in dieser Welt einzunehmen.
Ist das nicht das Problem aller Existenzen, sobald ihnen das Recht vorenthalten wird, auf eine bestimmte Art und Weise zu existieren? Diese Frage zieht sich durch David Lapoujades Buch, angesiedelt an der Schnittstelle zwischen den Feldern der Existenz, der Kunst und des Rechts.
David Lapoujade, geboren 1964, ist Professor für Philosophie an der Universität Paris-I Panthéon-Sorbonne. Er ist Autor von Deleuze, Les mouvements aberrants (Paris: Minuit, 2014) und weiterer Bücher, u.a über Empirismus und Pragmatismus, über das Werk von William James und Philip K. Dick. Als Herausgeber der posthumen Schriften von Gilles Deleuze (auf Deutsch bei Suhrkamp) hat er zuletzt veröffentlicht: Gilles Deleuze: Sur la peinture. Cours, mars-juin 1981, Paris: Minuit, 2023.